Raum und Zeit sind gemeinsam entstanden.
Doch was war davor?
Marty McFly spielt "Johnny B. Goode"
Was war vor dem Weltall da, vor dem Urknall, und da musste ich doch tatsächlich mal über etwas ganz anderes nachdenken, ...
Was ist eigentlich damit gemeint, wenn man von "davor" spricht?
Zeit, damit ist die Zeit gemeint.
Irgendwas ist da, und da passiert was, und das ist das Resultat von dem was davor passierte, und diesen Abschnitt nennen wir Zeit, weil wir das sonst gar nicht beschreiben könnten.
Zeit ist also nur eine Konstruktion, eine Eselsbrücke, damit man einen Ablauf beschreiben kann, ...
Es war, ... daraus wurde, ... und wird, ... das ist Zeit.
Die Frage nach dem "Davor" ist also eine Frage nach einem Abschnitt in der Zeit selbst, doch Zeit gibt es eigentlich genau genommen gar nicht, nur der Ablauf selbst, der eben dauert, was wir Zeit nennen.
Und da sind wir an der Stelle, wo man sich fragt, wenn also irgendwann Raum und Zeit entstanden sind, was war davor?
Zeit nicht, denn Zeit gibt es eben heute eigentlich auch nicht.
Warum gab es damals keine Zeit, na, wenn da nichts entstanden war, nichts wirklich passierte, dann gab es auch keine Zeit.
Oder anders gesagt, Zeit gab es ohne Ende, Beziehungsweise, ohne Anfang, ja so muss man es wohl sagen, ...
Nicht; "Zeit gab es ohne Ende" ...
Sondern; "Zeit gibt es ohne Anfang" ...
Schauen wir nachts in den Himmel, dann sehen wir Sterne.
Und wir sehen sie alle gleichzeitig, ... aber nicht zeitgleich ...
Wir schauen in die Vergangenheit, je weiter wir hinaus schauen, um so weiter schauen wir in die Vergangenheit.
Und überall um uns herum sehen wir Sterne aus der Vergangenheit, einer Zeit die längst passiert ist, und doch passiert es gerade erst jetzt, wo wir in den Himmel schauen und das alles sehen.
Gleichzeitig, aber eben nicht zeitgleich.
Zeit ist also eigentlich Quatsch, nur eine Maßeinheit damit wir Abläufe logisch einordnen können um sie in unsere Schubladen zu packen, so wie der Mensch nun mal gestrickt ist.
Der eine Stern ist 10 Lichtjahre weit weg, wir sehen also 10 Jahre in die Vergangenheit, wenn wir den Stern jetzt sehen.
Der Stern daneben ist aber 100 Lichtjahre weit weg, wir sehen also das, was der Stern vor 100 Jahren tat, nicht das was er jetzt tut.
Und doch nennen wir es, wenn wir es jetzt sehen, das hier und jetzt.
Kann man mir folgen?
Es gibt also eigentlich nur eine Zeit.
Auf jeder Uhr müsste also nur eine Uhrzeit stehen - Jetzt.
Wie viel Uhr haben wir?
Es ist genau ... Jetzt, ...
Eine Uhr wo drauf steht;
Gleich wird es 11 Uhr sein, macht keinen Sinn.
Auch nicht eine Uhr wo drauf steht, vorhin war es 9 Uhr.
Vergangenheit ist ja das, was längst passiert war.
Also schon vorbei ist.
Darum können wir in die Vergangenheit schauen.
Aber eben nicht in die Zukunft, denn die gibt es ja noch gar nicht.
Und wenn die Zukunft beginnt, sind wir wieder im Jetzt.
Und schon ist jetzt vorbei, und zur Vergangenheit geworden.
Aber, es gibt ja noch mehr davon, was sich Zukunft nennt.
Wir erleben es ja ununterbrochen, also jetzt gerade.
Uuuuuf, ist das ein Hirnkrampf irgendwo.
Die Frage, was war davor, kann man nur so beantworten.
Davor war es auch jetzt, nur, weil sich möglicherweise noch weiter zurück in der Vergangenheit absolut gar nichts verändert hat, immer irgendwie gleich war, gab es auch keine Zeit.
Machte da keinen Sinn...
Die machte erst Sinn, als etwas entstanden war, was einen Zyklus hat, Sterne die entstehen, leuchten, und ihr Sein beenden, womit es auch erstmals eine Vergangenheit gibt, denn der Stern hatte ja mal geleuchtet, aber eben jetzt nicht mehr, ...
Ab da haben wir erstmals so etwas wie Zeit die man messen kann.
Die Frage ist ja überhaupt, gab es eigentlich so etwas wie einen Anfang, wo alles entstanden war und was war davor?
Ich denke, das ist ein menschlicher Denkfehler.
Es muss gar keinen anfang gehabt haben.
Die Zeit muss nur die Möglichkeit haben abzulaufen.
Dazu braucht es Vorgänge, die man später dann als Vergangenheit benennen kann, und abschätzen kann, wie viel Zukunft noch übrig ist, die das Jetzt zu dem macht was es ist, dem hier und jetzt.
Kann man verstehen was ich meine?
Vermutlich nicht, braucht halt seine Zeit.
Dieses Bild habe ich nicht umsonst ausgewählt.
Wir sehen einen Marty McFly, der in die Vergangenheit gereist war, und Johnny B. Goode spielt, ein Lied, dass es damals noch gar nicht gab, weil es noch keiner geschrieben hat, zu der Zeit.
Irgendwer im Publikum hört das Lied, und ruft dann Chuck Berry an, der das Lied dann klaut, einen Erfolg damit hat, so dass Marty McFly es Jahrzehnte später dann hört, um dann 1985 in die Vergangenheit zu reisen, wo er das Lied spielen kann, was dann wiederum Chuck Berry hört und damit einen Hit landet, den Marty McFly dann 1985 hört, und in der Vergangenheit spielen kann, was dann der Chuck Berry hört und einen Hit landet, den Marty McFly dann hört ...
Wir drehen uns im Kreis, ...
Wo war da gleich der Anfang, was davor?
Es gibt nur eine Zeit, die nennt sich "jetzt" und "Jetzt" ist sehr kostbar, dauert nur ne Sekunde und schon ist es vorbei.
Irgendwann hört auch dieses jetzt auf, dann bleibt nur noch die Vergangenheit, und die kann man nicht mehr ändern.
Darum ist es ja so wichtig an die Zukunft zu denken.
Die Zukunft ist dein Jetzt, dass es noch nicht gibt, wo Du bereust, was Du heute, also in der Vergangenheit nicht getan hast.
Jungejungejunge...
Vermutlich werden jetzt alle, die diesen Text gelesen haben nur noch Sterne sehen und alles dreht sich.
Keine Sorge, das legt sich wieder, mit der Zeit, ...
Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen,
dann zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter
Millionen Gesichter ...
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider.
Was war das? Vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder.
Von Kurt Tucholsky
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